OLG Köln: Access Provider ist nicht zu Websperren verpflichtet

Das OLG Köln (Urt. v. 18.7.2014 – 6 U 192/11) hat sich in einem aktuellen Urteil mit der Frage auseiander gesetzt, ob der Access Provider als Zugangsvermittler nach den Grundsätzen der Störerhaftung zur Sperrung von Inhalten verpflichtet werden kann. So wie zuvor schon das OLG Hamburg (Urt. v. 21.11.2013 – 5 U 68/10) verneint es eine solche Pflicht. Dabei geht das OLG Köln intensiv auf die miteinander konkurrierenden Interessen und Rechte ein.

Das Urteil lässt sich unmittelbar auf die Pflichten des Betreibers eines WLANs übertragen. Auch dieser kann daher nicht zu Sperren verpflichtet werden, namentlich weder zu DNS-Sperren, IP-Sperren oder Filtern (s. dazu auch eingehend im Buch, Rn. 231 und 232).

Den Volltext des Urteils (PDF, 3 MB) finden Sie bei Offene Netze und Recht.

BGH, Urt. v. 8.1.2014 – I ZR 169/12: BearShare – (Keine) Auswirkungen für WLAN-Hotspots

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Januar zur Frage der Haftung des Internetanschlussinhabers für die Handlungen vom Familienmitgliedern über das heimische WLAN entschieden (BGH, Urt. v. 8.1.2014 – I ZR 169/12 – BearShare, Volltext). Die Urteilsgründe sind aber kürzlich erschienen.

1. Fall

In dem Fall ging es um eine ähnliche Konstellation wie schon Ende 2012 in der Morpheus-Entscheidung (BGH, Urt. v. 15.11.2012 – I ZR 74/12) und um einen anderen Fall als BGH „Sommer unseres Lebens“ (BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08, MMR 2010, 565). Diese letzten beiden Entscheidungen führt der BGH nun fort.

Der Beklagte war Inhaber eines Internetanschlusses. U.a. hatte sein volljähriger Stiefsohn Zugriff über das heimische, gesicherte WLAN hierauf und damit auch auf das Internet. Über den Anschluss wurde mittels der Filesharing-Software BearShare eine Urheberrechtsverletzung begangen. Der verletzte Rechteinhaber mahnte den Beklagten als Anschlussinhaber ab, verlangte Schadensersatz, Unterlassen und Abmahnkosten und erhob anschließend Klage. Der Beklagte verteidigte sich damit, dass die Rechtsverletzung durch seinen Sohn begangen worden sei.

Der BGH wies die Klage ab. Er argumentierte, dass der Anschlussinhaber seine sekundäre Darlegungslast erfüllt habe. Eine Pflicht zur Belehrung des Stiefsohnes habe der Anschlussinhaber nicht gehabt.

2. Folgerungen für WLAN-Hotspots?

Für den Betreiber eines öffentlichen WLAN-Hotspots hält das Urteil wenig Neues bereit. Hervorzuheben ist nur, dass der BGH noch einmal klargestellt hat, dass den Anschlussinhaber keine Beweislast im Hinblick auf die Mitnutzung des WLANs durch Dritte trifft, sondern eben nur eine sekundäre Darlegungs- und damit Erschütterungslast (dazu im Buch Rn. 248).

Im Hinblick auf die Frage nach der Störerhaftung des Betreibers eines öffentlichen WLAN-Hotspots ergeben sich keine Neuerungen. Der BGH hat dies ausdrücklich offen gelassen. Weiterhin fehlt es daher an einer letztinstanzlichen Entscheidung zu dieser Frage. Die bisherige Instanzrechtsprechung zeigt aber deutlich, dass eine Haftung des Betreibers eines WLANs aufgrund § 8 TMG und der Frage der Zumutbarkeit von Prüfungs- und Überwachungspflichten praktisch ausgeschlossen ist (eingehend im Buch Rn. 223 ff.).

Eine eingehendere Analyse finden Sie im Blog Offene Netze und Recht.

3. Hinweis in eigener Sache

Es ist zwischenzeitig die Frage gestellt worden, ob das Urteil des BGH die Aktualität des Buchs „WLAN und Recht“ beeinflusst. Dies ist nicht der Fall. Das Urteil BGH BearShare ist im Buch WLAN und Recht – anhand der Pressemitteilung des BGH vom 8.1.2014 – eingearbeitet worden. Außerdem hat das Urteil die darin enthaltenen Ausführungen bestätigt.

 

AG Hamburg, Urt. v. 24.6.2014 – 25b C 924/13: Keine Haftung für WLAN bei Vermietung von Ferienwohnungen

Wie berichtet, hatte das AG Hamburg kürzlich zur Haftung bei Betrieb eines WLANs in einem Hotel Stellung genommen (AG Hamburg, Urt. v. 10.6.2014 – 25b C 431/13).

In einem weiteren Urteil hat das AG Hamburg nun die selbe Argumentation auf das durch den Vermieter von Ferienwohnungen betriebene WLAN angewandt (AG Hamburg, Urt. v. 24.6.2014 – 25b C 924/13 – Volltext, PDF) und eine Haftung als Täter oder Teilnehmer unter Verweis auf § 8 TMG abgelehnt. Auch als Störer wegen angeblich unterlassener zumutbarer Prüfungs- und Überwachungspflichten haftet der Betreiber nicht.

Eine Analyse des Urteils finden Sie im Blog Offene Netze und Recht.

Die Stellungnahme des DAV zur Haftung der Anbieter von offenen WLANs in der Kurzanalyse

Der Deutsche Anwaltsverein hat im März 2014 eine Stellungnahme mit dem Titel „Offenes WLAN und Haftung der Anbieter“ (Nr. 13/2014, PDF) veröffentlicht.

1. Einleitung

Die Stellungnahme nimmt die Vereinbarung der Regierungskoalition im Koalitionsvertrag von CDU und SPD zu Problemen von WLANs zum Anlass und geht auf einzelne Punkte ein (zu den Regelungen im Koalitionsvertrag hier). Die Zusammenfassung schließt mit der Forderung, vor dem Erlass von gesetzlichen Regelungen ein Gutachten einzuholen und anschließend den Betreibern von WLANs klare Vorgaben zu machen:

Der DAV rät, die technisch möglichen Vorsorgemaßnahmen, den erforderlichen Aufwand und die Intensität der Grundrechtseingriffe der denkbaren Maßnahmen zu diskutieren. Es wird angeregt, ein Gutachten einzuholen und eine entsprechende Expertenanhörung durchzuführen. … Vielmehr fehlt auch bzgl. der Handlungspflichten der Access-Provider eine klare Linie, für die der DAV auf eine klare gesetzliche Regelung wünscht. Die Regelung muss einerseits technisch mögliche, wirtschaftlich realisierbare und wirksame Maßnahmen vorschreiben, die Rechtsverletzungen zumindest begrenzen, andererseits darf die Nutzbarkeit öffentlicher WLANs nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Um eine Rechtsverletzung feststellen zu können, würde eine Verpflichtung, sich bei Benutzung eines öffentlichen WLANs zu identifizieren, allein nicht ausreichen. Die vorsorgliche Speicherung des inhaltsbezogenen Nutzungsverhaltens aller WLAN-Nutzer würde hingegen mit dem Fernmeldegeheimnis und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung kollidieren. Privatwirtschaftliche Access-Provider dazu zu verpflichten, Internetauftritte selbstständig inhaltlich auf Rechtmäßigkeit zu prüfen und ggf. zu sperren, würde diese in vielen Fällen überfordern. Für eine Sperrpflicht müsste das Gesetz klare Vorgaben machen, die das Verhältnismäßigkeitsgebot beachten.

 

2. Ausgangslage nach dem DAV

Der DAV stellt als Ausgangslage fest, dass es in Deutschland nur wenige WLAN-Angebote gebe, was – nach Ansicht des Koalitionsvertrages (s. dazu hier) – auch an rechtlichen Problemen liege. Höchstrichterliche Rechtsprechung liege bisher nur zur privaten Nutzung von Internetzugängen vor, zu nicht privat genutzten Anschlüssen gebe es „nur widersprüchliche Instanzentscheidungen“. Es sei zudem zweifelhaft, ob die in diesen Entscheidungen geforderten Maßnahmen auch wirksam seien, und ob sie nicht auch legale Nutzungen einschränken würden.

Welche Anforderungen die Rechtsprechung nach derzeitiger Rechtslage an die Anbieter öffentlicher WLANs stellt, ist daher unklar. Anbieter von WLANs gehen daher beim Anbieten solcher Dienstleistungen ein erhebliches Risiko ein. Dies kann solche Angebote verhindern.

Die Frage ist nur, um welche Maßnahmen es gehen kann. Für Access-Provider gibt es bislang solche Anforderungen nicht.

 

3. Konkrete Maßnahmen

Anschließend diskutiert der DAV zwei konkrete Maßnahmen: „Sperren“ (wohl gemeint sind Webfilter, die bestimmte Seiten sperren) und Identifizierung/Registrierung von Nutzern.

a. Websperren

Der DAV stellt zunächst seine Sicht auf Websperren dar:

Sperren hält auch der Generalanwalt beim EuGH in seinen Schlussanträgen vom 26.11.2013 in der Rechtssache C-314/12 für möglich, allerdings nur in Einzelfällen und unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgebots. Außerdem ist zu beachten, dass der Verletzte in erster Linie nicht gegen den Vermittler, sondern gegen den Verletzer vorgehen müsse. In der deutschen obergerichtlichen Rechtsprechung werden solche Sperren abgelehnt …

Auf der einen Seite gibt es ein großes öffentliches Interesse daran, öffentliche WLANs nutzen zu können. Diese Nutzungsmöglichkeit dient auch erkennbar der Meinungs- und Informationsfreiheit im Sinne von Art. 5 GG und damit auch dem öffentlichen Diskurs. Auf der anderen Seite ist das von Art. 14 GG geschützte Interesse von Urhebern am Schutz Ihrer Werke ebenso zu beachten wie der Schutz Einzelner gegen die Verletzung Ihrer in Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrechte durch Beleidigungen, „Ausplaudern“ von Geheimnissen oder gar Mobbing im Internet. Alle hier geschilderten Interessen sind grundrechtlich geschützt. Der Ausgleich Ihrer Interessen ist Aufgabe des Gesetzgebers.

Hier sei der Gesetzgeber gefordert. Zwar könnten Sperren tatsächlich Rechtsverletzungen einschränken, eine gesetzliche Regelung sei jedoch praktisch unmöglich zu formulieren.

Denkbar ist weiter die Pflicht, den Zugang zu Internetauftritten zu verhindern, die rechtswidriges Handeln ermöglichen, weil sie z.B. das illegale Streamen oder Herunterladen von Filmen ermöglichen oder (in Deutschland verbotene) Nazi- Propaganda betreiben. Das hilft zwar kaum gegen File-Sharing-Handlungen, wohl aber gegen Internetauftritte wie kino.to. Es ist auch prinzipiell verfassungsrechtlich zulässig, wenn die Sperre öffentlich-rechtlich angeordnet wird (vgl. OVG Münster, Beschluss v. 19.3.2003 – 8 B 2567/02, NJW 2003, 2183). In diese Richtung gehen auch die überlegungen des Generalanwalts. Eine solche Prüfkompetenz auch Access-Providern wie den Betreibern öffentlicher WLANs zuzumuten, ist freilich fraglich, weil damit Privatunternehmen zugemutet wird, zunächst verbindlich zu prüfen, welche Internetseiten weltweit rechtswidrige Inhalte anbieten. Eine entsprechende gesetzliche Regelung zur Bekämpfung von Kinderpornographie durch das Zugangserschwerungsgesetz ist erst vor kurzem gescheitert. Wenn es um klar rechtswidrige Handlungen geht und der WLAN-Anbieter auf solche Auftritte hingewiesen wird, kann eine solche Pflicht aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die Sperren helfen zwar nicht gegen technisch versierte Nutzer, können aber Rechtsverletzungen zumindest erschweren. Es muss aber um klare Rechtsverstöße gehen. Außerdem sollte eine solche Sperre nur möglich sein, wenn ein Vorgehen gegen den Inhaber des Internetauftritts nicht möglich oder unzumutbar erscheint. Allerdings kann man eine solche Sperrpflicht nur bei einer klaren gesetzlichen Vorgabe annehmen. Diese ist aber angesichts des zu wahrenden Verhältnismäßigkeitsgebots nicht zu formulieren. Es ist daher trotz des verständlichen Wunsches der Anbieter öffentlicher WLANs nach rechtlicher Klarheit derzeit von einer gesetzlichen Regelung abzuraten.

Zu Websperren siehe eingehend Buch, Rn. 229, 232

b. Identifizierung/Registrierung

Der DAV bezieht auch Stellung zu einer Pflicht zur Identifizierung und Registrierung von Nutzern:

Denkbar ist zunächst die Pflicht für die Benutzer öffentlicher WLANs, sich bei der Benutzung identifizieren zu müssen. Dies kann mit der Pflicht der Anbieter kombiniert werden, die Tatsache der Benutzung des WLANs zu registrieren. … Schon diese Maßnahme schließt allerdings die Nutzung des WLAN durch nicht mobilfunkfähige Geräte wie Laptops ohne SIM-Karte aus. … Schon dies macht die Identifizierungspflicht problematisch. Eine bloße Identifizierung ohne Speicherung der Nutzer nützt darüber hinaus zur Vorsorge gegen Rechtsverletzungen nichts, weil nachträglich nicht festgestellt werden kann, wer das WLAN rechtsverletzend genutzt hat. Aber auch eine bloße Speicherung der Nutzer ohne Speicherung ihres Nutzungsverhaltens nützt nichts, weil auch dann ein evtl. Rechtsverletzer nicht festgestellt werden kann.

Eine vorsorgliche Speicherung des Nutzungsverhaltens aller WLAN-Nutzer dürfte aber ohnehin nicht verfassungskonform sein – das Fernmeldegeheimnis bzw. das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dürfte dies verbieten. … Der Inhalt der Kommunikation wurde nicht gespeichert. Dies wäre bei den hier diskutierten Maßnahmen in einem WLAN anders. Da von außen nicht feststellbar ist, welcher der WLAN Nutzer unter welchem Zugangsdatum auf welche Internetseite zugreift, müsste zur Ermittlung von Rechtsbrechern zumindest gespeichert werden, wer wann welche Internetauftritte besuchte oder welche Dienstleistungen nutzte. Dies wäre ein sehr viel intensiverer Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als die Vorratsdatenspeicherung und daher wohl kaum grundrechtlich zulässig. Registrierungsmaßnahmen sind daher unwirksam, wirksame Maßnahmen verfassungswidrig.

Zur Pflicht, Nutzer zu identifizieren und zu registrieren siehe eingehend Buch, Rn. 234.

4. (Kurz-)Analyse

Zunächst geht der DAV ganz selbstverständlich davon aus, dass WLAN-Anbieter als Access Provider anzusehen sind. Das ist auch absolut h.M. in Literatur und Rechtsprechung (Nachweise im Buch, Rn. 216).

Richtig ist auch die Einschätzung, dass eine rechtliche Unsicherheit bestehe: Es gibt keinerlei obergerichtliche Rechtsprechung zu WLAN-Fällen. Am ehesten einschlägig sind noch die beiden Entscheidungen des LG Frankfurt aus den Jahren 2010 und 2013 (Urt. v. 18.8.2010 – 2-6 S 19/09, MMR 2011, 401 m. Anm. Mantz (PDF); sowie  LG Frankfurt, Urt. v. 28.6.2013 – 2-06 O 304/12 – Ferienwohnung, dazu Mantz, GRUR-RR 2013, 497; eingehend zu den im Zusammenhang mit WLANs ergangenen Entscheidungen deutscher Gerichte Buch, Rn. 226 ff.). Dabei hatte das LG Frankfurt jeweils im Ergebnis eine Haftung des Betreibers des WLANs abgelehnt.

Überraschend ist zunächst, dass die der Stellungnahme vorangestellte Zusammenfassung den Eindruck vermittelt, dass der Gesetzgeber – wie es im Koalitionsvertrag als Plan von CDU/SPD anklingt – den Access Providern bestimmte Maßnahmen auferlegen müsste und so „Leitplanken“ für deren Verpflichtung zur Verhinderung von Rechtsverletzungen ziehen sollte. Anschließend werden im inhaltlichen Teil der Stellungnahme zwei Maßnahmen (Sperren und Identifizierung) diskutiert – und im Ergebnis aber zu Recht abgelehnt. Der DAV hätte dementsprechend auch formulieren können, dass ein gesetzgeberisches Handeln nicht erforderlich ist, sondern bereits nach dem Status Quo die Pflichten der Access Provider denkbar gering sein dürften. Es hätte insofern maximal einer Klarstellung bedurft, wie sie z.B. 2012/2013 im Gesetzesentwurf des Digitale Gesellschaft e.V. für § 8 TMG (BT-Drs. 17/11137, PDF) formuliert wurde.

In Bezug auf eine Pflicht, Websperren einzurichten, ist dem DAV beizupflichten, dass die deutsche obergerichtliche Rechtsprechung solche Sperren ablehnt. Nachdem der Generalanwalt beim EuGH diese Entscheidung den nationalen Gerichten zugewiesen hat, wäre dementsprechend – sofern der EuGH seinem Generalanwalt folgt – die Rechtslage für Deutschland im Wesentlichen als geklärt anzusehen. Im Übrigen spricht sich der DAV für klare Beschränkungen (Sperren nur bei „klaren Rechtsverstößen“, s. dazu auch Buch, Rn. 95 ff.) und eine Subsidiarität aus („Außerdem sollte eine solche Sperre nur möglich sein, wenn ein Vorgehen gegen den Inhaber des Internetauftritts nicht möglich oder unzumutbar erscheint.“), wobei die Störerhaftung eine solche Subsidiarität nicht kennt (Buch, Rn. 241 m.w.N.).

Spannend sind auch die Ausführungen zur Identifizierung. Nach bisheriger Rechtslage ist eine Identifizierung gesetzlich nicht gefordert (zum  Urteil des LG München, Urt. v. 12.1.2012 – 17 HK O 1398/11; s. auch Mantz, CR 2012, 605). Sie kann sogar datenschutzrechtlich bedenklich sein. Auf die Störerhaftung lässt sie sich nicht gründen (Mantz, CR 2012, 605).

Dabei geht der DAV auch darauf ein, dass eine Registrierungspflicht eine Einschränkung des Geschäftsmodells darstellt, weil – wenn man eine Identifizierung z.B. über das Mobiltelefon verlangt – Nutzer mit Laptops schon von der Nutzung des WLANs ausgeschlossen seien (vgl. auch zur Umfrage von Kabel Deutschland, wonach 19% der Nutzer sich von der Nutzung durch eine Registrierung abhalten ließen hier).

Der DAV erklärt weiter, dass eine Identifizierung nur im Zusammenhang mit einer Vorratsdatenspeicherung Erfolg versprechen würde und deshalb unverhältnismäßig wäre. Denn die Nutzer des WLANs müssten praktisch vollständig überwacht werden (welche Seiten werden angesurft, welche Dienste werden genutzt, welche Daten werden übertragen etc.), um anschließend die Rechtsverletzung einem bestimmten Nutzer zuordnen zu können. Dies sei nicht verfassungskonform zu gestalten, so dass auch eine solche Pflicht im Ergebnis ausgeschlossen ist.

Im Ergebnis ist der Beitrag des DAV zur Diskussion zu begrüßen. Die Zusammenfassung hätte prägnanter ausfallen können, und eigentlich bedarf es nach den Ausführungen des DAV auch des geforderten Gutachtens nicht mehr. Die Fortführung der Diskussion – auch auf Seiten des Gesetzgebers – dürfte aber hilfreich sein und weitere Klarheit bringen.

 

(beruht auf einem Post von Offene Netze und Recht)

Die Verbreitung und wirtschaftliche Bedeutung von kostenlosen WLANs (u.a. für Hotels)

Der Betrieb eines WLANs kann zur Kundengewinnung und -bindung vorteilhaft, wenn nicht sogar zwingend sein. Nach einer Studie der HRS (PDF, Mitteilung dazu hier) ist kostenloses (bzw. im Preis enthaltenes) WLAN mit Abstand die am meisten von Gästen gewünschte Zusatzleistung: Über 74% der Geschäftsreisenden erwarten WLAN im Hotel und immerhin 62% der übrigen Gäste. Betrachtet man lediglich jüngere Gäste, sind die Zahlen sogar noch höher: Fast 80% der unter 30-jährigen wünschen sich kostenloses WLAN im Hotel.

Auf der anderen Seite ist nach einer Studie von KAYAK.de in Deutschland das Angebot von kostenlosem WLAN in Hotels im Vergleich deutlich weniger verbreitet als in anderen Ländern (s. dazu hier und hier). Dennoch: Immerhin 73% der der Hotelbetreiber in Deutschland bieten kostenloses WLAN an (zum Vergleich: weltweit sind es im Schnitt 90%).

Auch wenn die HRS-Studie nach gewünschten Zusatzleistungen fragt, lässt sich ein Umkehrschluss wohl auch ziehen: Nach dem Motto „Hotels ohne WLAN buch‘ ich nicht“ dürfte das Angebot eines WLAN-Anschlusses zumindest bei Geschäftskunden, aber auch sonst, ein mittlerweile ein Ausschlusskriterium bei den Gästen sein. Wer also kein WLAN anbietet, verliert Gäste.

Darauf hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DeHoGa (zusammen mit IHA) im Rahmen seiner Stellungnahme zur Anhörung zum Thema „Störerhaftung“ im Landtag NRW am 3.7.2013 bereits hingewiesen. Darin heißt es:

Ob drahtlos oder drahtgebunden, in der Lobby oder auf den Gästezimmern, gratis oder kostenpflichtig – ein Internetzugang im Hotel und Restaurant ist für den Gast inzwischen zum Standard geworden. Insbesondere von Geschäftsreisenden wird er erwartet und ist für den Kunden ein Auswahlkriterium. Dabei haben Gästebefragungen und aktuelle Studien (unter anderem von HRS) ergeben, dass ein kostenfreier W-LAN- Zugang für etwa 60% der Gäste wichtig ist. … Im internationalen Vergleich und insbesondere in den Nachbarländern ist es für den Gast selbstverständlich, dass ihm zumeist kostenfreies W-LAN zur Verfügung gestellt wird.

Sicherlich nicht ganz so kritisch, aber durchaus noch bemerkbar dürfte dies auch für Gaststätten und Cafés sein. Gerade in Großstädten mit internationalem Tourismus sind die Zeichen „Wi-Fi“ oder „WLAN“ vermehrt zu sehen. Und für Gäste ein Grund, nicht nebenan den Kaffee zu trinken …

Der Umstand, dass das Angebot eines WLANs zu einem echten Unterscheidungsmerkmal geworden ist, hat auch eine gewisse rechtliche Relevanz. Denn bei der Bewertung von eventuellen Prüfungs- und Überwachungspflichten im Rahmen der Störerhaftung sind die gegenseitigen Interessen zu berücksichtigen (eingehend dazu im Buch, Rn. 223 ff. m.w.N.). Je wirtschaftlich bedeutsamer ein WLAN für den Anbieter ist, desto weniger sind ihm erhebliche Eingriffe in das WLAN zuzumuten, denn Einschränkungen können sich durch Verlust von Kundschaft unmittelbar wirtschaftlich auswirken.

Die rechtliche Situation bei WLANs in Hotels ist bisher einmal in der Rechtsprechung angesprochen worden: Das Landgericht Frankfurt hat im Jahr 2010 die Haftungssituation bei einem Hotel-WLAN bewertet und eine Störerhaftung des Hotelinhabers abgelehnt (dazu näher unter Bezug auf konkrete Maßnahmen Buch, Rn. 235 ff. m.w.N.; sowie Mantz, MMR 2011, 401). Ähnlich hat sich das LG Frankfurt 2013 zur Rechtslage bei einem Vermieter von Ferienwohnungen positioniert (LG Frankfurt a.  M., Urt. v. 28. 6. 2013 – 2-06 O 304/12, GRUR-RR 2013, 507 – Ferienwohnung).

Update 17.8.2015: Link auf HRS-Studie aktualisiert.