Stellungnahmen zur Anhörung „Freie WLAN-Hotspots in Hessen“

Wie bereits angekündigt, findet heute die Anhörung mit dem Thema „Freie WLAN-Hotspots in Hessen“ im Wirtschaftsausschuss des Hessischen Landtages statt.

Im Vorfeld sind die Sachverständigen gebeten worden, Stellungnahmen abzugeben. Der Fragenkatalog findet sich hier (PDF). Mittlerweile sind 20 Stellungnahmen veröffentlicht worden (Stand: 11.11.2015). Diese können hier abgerufen werden (Teil 1, Teil 2, PDF).

Auch wir haben eine Stellungnahme abgegeben, die sich im Konvolut (Teil 1) befindet, aber auch separat hier verfügbar ist.

Wir werden nach der Anhörung hier berichten.

Analyse: Weltweiter Endkundenmarkt für WLAN-Geräte wird weiter zweistellig wachsen

Die Anzahl der privaten und öffentlichen WLANs wächst weiter. Praktisch täglich sind Neuigkeiten zu öffentlichen WLANs zu hören.

Dies wirkt sich auch auf die Zahlen der Hersteller von Endkundenprodukten für WLANs aus. Analysten der Firma Abi Research sagen dem weltweiten Markt für WLAN im Endkundenumfeld zweistellige Wachstumsraten voraus. An der Spitze stehen D-Link und Netgear.

Weltweit um immerhin um 11 Prozent soll der weltweite Markt für WLAN-Geräte im Endkundenumfeld in diesem Jahr um 11 Prozent wachsen. Als Grund nennt Abi Research die steigende Verbreitung von Breitbandinternet und Heimvernetzung.

Quelle: IT-Markt.ch

WLAN und die Erwartungshaltung der Nutzer – Neelie Kroes‘ Forderung nach kostenlosem WLAN an Flughäfen

Am 26.3.2014 schrieb die EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, Neelie Kroes, bei Twitter:

In #Dusseldorf airport: they charge for WiFi – it is thievery! We pay huge charges to use airports, people expect connectivity in 2014!

Auch wenn die Äußerung dem Wortlaut („kostenpflichtiges WLAN = Diebstahl“) juristisch nicht ganz richtig ist, ist sie ein gutes Beispiel für eine gewisse Erwartungshaltung: „An Flughäfen ist kostenloses WLAN selbstverständlich.“

Diese Erwartungshaltung lässt sich in anderen Bereiche beobachten. Die zunehmende Verbreitung von mobilen Geräten und die dadurch stark veränderten Nutzungsgewohnheiten haben dazu geführt, dass das Angebot eines WLAN häufig nicht mehr zusätzliche Dienstleistung, sondern zwingende Bedingung für die Gewinnung von Kunden geworden ist (s. im Buch, Rn. 1, mit Nachweisen). Die Erwartung eines kostenlosen WLANs werden sicher nicht alle teilen, aber in bestimmten Lokalitäten wird zumindest die entgeltpflichtige Verfügbarkeit eines WLANs als Selbstverständlichkeit angesehen: An Flughäfen, in Hotels, zunehmend in Cafés, bald wohl auch an Bahnhöfen (zur Entwicklung bei der Bahn hier) etc.

Im Übrigen darf wohl davon ausgegangen werden, dass EU-Kommissarin Neelie Kroes zumindest mit ihrem Mobiltelefon überall in Europa Zugang zum Internet hat – und dennoch legt sie erheblichen Wert auf einen schnellen und unkomplizierten Zugang zum Internet über WLAN.

Auf der anderen Seite dieser Erwartungshaltung stehen die Entwicklungen bei den Anbietern von WLANs: Da der mobile Datenverkehr in den nächsten Jahren um ein Vielfaches steigen wird (s. dazu hier und hier), und die Weiterentwicklung der Mobilfunknetze (z.B. LTE, 5G) mit diesem Trend nicht wird Schritt halten können, werden WLANs gerade von großen Telekommunikationsunternehmen an vielen Stellen aufgebaut, um ein nahtloses „Data-Offloading“ zu gewährleisten (s. dazu auch hier).

Und letztlich sehen gerade Städte und Kommunen WLANs als immer wichtiger an, um ihren Bürgern aber auch Touristen etwas zu bieten (vgl. z.B. zu den Überlegungen der Stadt Frankfurt). Alle diese Gesichtspunkte stehen selbstverständlich in einem inneren Zusammenhang: Wenn sich das Datenvolumen der Nutzer vervielfacht, entsteht der Wunsch nach unkomplizierten Alternativen (also WLAN). Wenn Unternehmen, Städte und Kommunen auf diesen Wunsch mit zunehmend (wenigstens anfangs) kostenlosem WLAN reagieren, steigt die Erwartungshaltung, dass überall und jederzeit WLAN verfügbar ist – und das im Idealfall auch noch kostenlos.

(Crosspost von Offene Netze und Recht)

Aufsatz „Der Entwurf der Single Market-Verordnung und lokale Funknetze“ erschienen

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Computer und Recht ist unser Aufsatz „Der Entwurf der Single Market-Verordnung und lokale Funknetze“ erschienen (CR 2014, S. 370 bis 377). Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Verordnung über Maßnahmen zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation und zur Verwirklichung des vernetzten Kontinents und zur Änderung verschiedener Richtlinien (sog. Single Market-Verordnung; ursprünglicher Entwurf -COM(2013) 627 final; Synopse mit Änderungen vom 3.4.2014)) beschäftigt sich unter anderem mit lokalen Funknetzen, worunter auch WLANs fallen. Der Verordnungsentwurf enthält weitgehende Regelungen für den Aufbau und Betrieb von WLAN-Hotspots, welche bspw. die Anwendbarkeit regulatorischer Pflichten, das WLAN-Sharing und den Betrieb von Hotspots betreffen. Die diesbezüglichen Regelungen hatten wir bereits in einem früheren Blogbeitrag kursorisch vorgestellt. In dem nunmehr erschienen Aufsatz haben wir uns nun mit der Verordnung im Einzelnen beschäftigt und die Auswirkungen auf das nationale Recht untersucht. Hierbei hat sich insbesondere gezeigt, dass es den Regelungen teilweise an der notwendigen Rechtsklarheit fehlt.

Aus dem Beitrag:

Die EU-Kommission hat am 11.9.2013 den Entwurf der sog. Single Market-Verordnung zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Telekommunikationsmarkts veröffentlicht, der vom Europäischen Parlament am 3.4.2014 mit Änderungen angenommen wurde. Der nachfolgende Beitrag stellt die im Entwurf vorgesehenen Regelungen mit Bezug zum Betrieb von lokalen Funknetzen (WLANs) vor, ordnet diese in das nationale Regelungsregime ein und zeigt die Auswirkungen für Aufbau und Betrieb von WLAN-Hotspots auf.

I. Hintergrund

Am 11.9.2013 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung über Maßnahmen zum europäischen Binnenmarkt der elektronischen Kommunikation und zur Verwirklichung des vernetzten Kontinents und zur Änderung verschiedener Richtlinien vorgelegt, der durch das EU-Parlament am 3.4.2014 – mit teilweise erheblichen Änderungen – angenommen wurde. Der Entwurf dieser sog. Single Market-VO soll zu einem einheitlichen Telekommunikationsbinnenmarkt beitragen.

Inhaltsverzeichnis:

I. Hintergrund

II. Generelle Gestattung des Aufbaus und Betriebs von sowie der Bereitstellung des Zugangs zu WLANs

III. Einschränkung der telekommunikationsrechtlichen Pflichten für „Nebenbei-Anbieter“ (Art. 14 Abs. 6 Single Market-VO)

1. Unternehmen, Behörde oder sonstige Endnutzer

2. Lokales Funknetz

3. Angebot nicht gewerblich oder lediglich untergeordneter Teil

a. Keine gewerbliche Tätigkeit

b. Untergeordneter Teil der Tätigkeit

c. Ergebnis

4. Folge des eingeschränkten Anwendungsbereichs

5. Haftung von WLAN-Anbietern

IV. Aggregation von Endkundenanschlüssen

1. Grundsätzliche Gestattung der Aggregation (Art. 14 Abs. 2 Single Market-VO)

2. Aggregation nur mit Zustimmung der Endkunden (Art. 14 Abs. 2 Single Market-VO)

3. Wahlrecht der Endnutzer hinsichtlich des WLAN-Zugangs (Art. 14 Abs. 3 lit. a) Single Market-VO)

4. Unzulässigkeit des vertraglichen Verbots der Nutzung durch Dritte (Art. 14 Abs. 3 lit. b) Single Market-VO)

5. Genereller und gegenseitiger Zugang unter Endnutzern (Art. 14 Abs. 3 lit. b) Single Market-VO)

6. WLAN-Sharing durch nichtstaatliche Organisationen und Behörden (Art. 14 Abs. 5 lit. b) Single Market-VO)

7. Keine behördliche Beschränkung des WLAN-Sharings (Art. 14 Abs. 4 Single Market-VO)

IV. Angebot von WLANs durch Behörden (Art. 14 Abs. 5 lit. a) Single Market-VO)

V. Offener Internetzugang und Netzneutralität (Art. 23 Single Market-VO)

VI. Fazit und Ausblick

Die Verbreitung und wirtschaftliche Bedeutung von kostenlosen WLANs (u.a. für Hotels)

Der Betrieb eines WLANs kann zur Kundengewinnung und -bindung vorteilhaft, wenn nicht sogar zwingend sein. Nach einer Studie der HRS (PDF, Mitteilung dazu hier) ist kostenloses (bzw. im Preis enthaltenes) WLAN mit Abstand die am meisten von Gästen gewünschte Zusatzleistung: Über 74% der Geschäftsreisenden erwarten WLAN im Hotel und immerhin 62% der übrigen Gäste. Betrachtet man lediglich jüngere Gäste, sind die Zahlen sogar noch höher: Fast 80% der unter 30-jährigen wünschen sich kostenloses WLAN im Hotel.

Auf der anderen Seite ist nach einer Studie von KAYAK.de in Deutschland das Angebot von kostenlosem WLAN in Hotels im Vergleich deutlich weniger verbreitet als in anderen Ländern (s. dazu hier und hier). Dennoch: Immerhin 73% der der Hotelbetreiber in Deutschland bieten kostenloses WLAN an (zum Vergleich: weltweit sind es im Schnitt 90%).

Auch wenn die HRS-Studie nach gewünschten Zusatzleistungen fragt, lässt sich ein Umkehrschluss wohl auch ziehen: Nach dem Motto „Hotels ohne WLAN buch‘ ich nicht“ dürfte das Angebot eines WLAN-Anschlusses zumindest bei Geschäftskunden, aber auch sonst, ein mittlerweile ein Ausschlusskriterium bei den Gästen sein. Wer also kein WLAN anbietet, verliert Gäste.

Darauf hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DeHoGa (zusammen mit IHA) im Rahmen seiner Stellungnahme zur Anhörung zum Thema „Störerhaftung“ im Landtag NRW am 3.7.2013 bereits hingewiesen. Darin heißt es:

Ob drahtlos oder drahtgebunden, in der Lobby oder auf den Gästezimmern, gratis oder kostenpflichtig – ein Internetzugang im Hotel und Restaurant ist für den Gast inzwischen zum Standard geworden. Insbesondere von Geschäftsreisenden wird er erwartet und ist für den Kunden ein Auswahlkriterium. Dabei haben Gästebefragungen und aktuelle Studien (unter anderem von HRS) ergeben, dass ein kostenfreier W-LAN- Zugang für etwa 60% der Gäste wichtig ist. … Im internationalen Vergleich und insbesondere in den Nachbarländern ist es für den Gast selbstverständlich, dass ihm zumeist kostenfreies W-LAN zur Verfügung gestellt wird.

Sicherlich nicht ganz so kritisch, aber durchaus noch bemerkbar dürfte dies auch für Gaststätten und Cafés sein. Gerade in Großstädten mit internationalem Tourismus sind die Zeichen „Wi-Fi“ oder „WLAN“ vermehrt zu sehen. Und für Gäste ein Grund, nicht nebenan den Kaffee zu trinken …

Der Umstand, dass das Angebot eines WLANs zu einem echten Unterscheidungsmerkmal geworden ist, hat auch eine gewisse rechtliche Relevanz. Denn bei der Bewertung von eventuellen Prüfungs- und Überwachungspflichten im Rahmen der Störerhaftung sind die gegenseitigen Interessen zu berücksichtigen (eingehend dazu im Buch, Rn. 223 ff. m.w.N.). Je wirtschaftlich bedeutsamer ein WLAN für den Anbieter ist, desto weniger sind ihm erhebliche Eingriffe in das WLAN zuzumuten, denn Einschränkungen können sich durch Verlust von Kundschaft unmittelbar wirtschaftlich auswirken.

Die rechtliche Situation bei WLANs in Hotels ist bisher einmal in der Rechtsprechung angesprochen worden: Das Landgericht Frankfurt hat im Jahr 2010 die Haftungssituation bei einem Hotel-WLAN bewertet und eine Störerhaftung des Hotelinhabers abgelehnt (dazu näher unter Bezug auf konkrete Maßnahmen Buch, Rn. 235 ff. m.w.N.; sowie Mantz, MMR 2011, 401). Ähnlich hat sich das LG Frankfurt 2013 zur Rechtslage bei einem Vermieter von Ferienwohnungen positioniert (LG Frankfurt a.  M., Urt. v. 28. 6. 2013 – 2-06 O 304/12, GRUR-RR 2013, 507 – Ferienwohnung).

Update 17.8.2015: Link auf HRS-Studie aktualisiert.