Die Neuregelung der Störerhaftung für öffentliche WLANs – Eine Analyse des TMG-RefE v. 11.3.2015, CR 2015, 298

Im aktuellen Heft der Zeitschrift Computer und Recht (CR, Heft Nr. 5, S. 298-306) ist unser Beitrag mit dem Titel „Die Neuregelung der Störerhaftung für öffentliche WLANs – Eine Analyse des TMG-RefE v. 11.3.2015“ erschienen, der sich nach einer Darstellung des Hintergrundes intensiv mit dem Referentenentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG-RefE) befasst (Gesetzgebungsreport hier). Insbesondere werden im Beitrag die Begrifflichkeiten, Folgen, Voraussetzungen und Schwierigkeiten (z.B. Verschlüsselung) des Entwurfs dargestellt (s. dazu auch schon bei Offene Netze und Recht hier und hier).

Viel Unsicherheit dürfte dabei die Auslegung der Begrifflichkeiten des TMG-RefE nach sich ziehen. Insbesondere die Berichterstattung hat viel Durcheinander produziert. Dem ist das Bundeswirtschaftsministerium mit einer FAQ entgegen getreten. Diese Gemengelage soll im Beitrag aufgearbeitet werden.

Aus dem Beitrag (CR 2015, 298):

Die Verbreitung von breitbandigen Internetzugängen und deren Verfügbarkeit haben nach den Verlautbarungen der Bundesregierung höchste Priorität. Die Anzahl der öffentlichen WLAN-Hotspots nimmt jedoch nur schleppend zu und Deutschland hängt im internationalen Vergleich weit hinterher. Als Ursache hierfür wird neben den regulatorischen Anforderungen seit langer Zeit eine bestehende Rechtsunsicherheit beim Betrieb öffentlicher WLANs identifiziert. Dies veranlasste die große Koalition schon bei den Koalitionsverhandlungen dazu, die Notwendigkeit einer Regelung festzuschreiben. Inzwischen liegt der endabgestimmte Referentenentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG-RefE) vor, der kurz darauf vielfach und teilweise heftig kritisiert worden ist. Der folgende Beitrag stellt zunächst kursorisch den Hintergrund dar (I.), analysiert anschließend den Referentenentwurf und dessen Folgen (II.), beleuchtet die europarechtliche Dimension (III.) und zuletzt die Reaktionen auf den Referentenentwurf (IV.). Auf die im Referentenentwurf enthaltenen Änderungen der Haftung für Host Provider nach § 10 TMG geht der vorliegende Beitrag nicht ein.

 

I.               Hintergrund

Es ist bereits vielfach darüber berichtet worden, dass Deutschland bei der Verbreitung von Breitband allgemein und speziell von öffentlichen WLANs im internationalen Vergleich deutlich hinterherhinkt.[1] Gerade einmal rund 15.000 freie, öffentliche WLAN-Hotspots stehen in Deutschland zur Verfügung, das entspricht einer Quote von rund 1,9 Hotspots pro 10.000 Einwohner. Südkorea weist bspw. eine Quote von über 37 WLAN-Hotspots pro 10.000 Einwohner auf.[2] Die wesentliche Ursache hierfür ist bereits häufig dargestellt worden: Die bestehende Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Haftung des Betreibers für die Handlungen seiner Nutzer, zurückgehend auf verschiedene Gerichtsurteile.[3] Keine Rolle spielte allerdings bei diesen Entscheidungen jeweils die Haftungsprivilegierung in § 8 TMG, wonach derjenige, der Nutzern den Zugang zum Internet ermöglicht, für Handlungen seiner Nutzer nicht haften soll. Dass § 8 TMG dem Grunde nach Anwendung auch auf WLANs findet, war in der Literatur nie umstritten.[4] Problematisch ist aber, welche Prüfungs- und Überwachungspflichten der Betreiber zu erfüllen hat.[5]

 

1.     Die Diskussion um Haftung bei und Förderung von öffentlichen WLANs

Die juristische Diskussion um die Frage der Verantwortlichkeit des Betreibers eines WLAN-Hotspots begann mit der ersten Entscheidung des LG Hamburg aus dem Jahr 2006.[6] Die Politik griff die Thematik auf, nachdem der Digitale Gesellschaft e.V. 2012/2013 …

Ankündigung Beitrag für DSRI-Herbstakademie: Die Zulässigkeit der „Einschränkung“ des Internetzugangs am Beispiel von WLAN-Hotspots

Vom 10.-13. September 2014 wird die 15. DSRI-Herbstakademie an der Universität Mainz unter dem Titel „BIG DATA & Co – Neue Herausforderungen für das Informationsrecht“ stattfinden.

Wir werden auf der Herbstakademie – voraussichtlich am 12. September 2014 nachmittags – unseren Beitrag „Die Zulässigkeit der „Einschränkung“ des Internetzugangs am Beispiel von WLAN-Hotspots“ vorstellen. Die darin behandelten Fragen haben wir auch im Buch (Rn. 306) behandelt und möchten sie im Beitrag und Vortrag weiter vertiefen.

Abstract

Der Vortrag und die Zusammenfassung im Tagungsband beschäftigen sich mit der Frage, inwieweit es zulässig ist, nur einen Teil der über einen Internetzugang verfügbaren Dienste anzubieten. Kann der Nutzer per se davon ausgehen, dass er auch File-Sharing-Dienste nutzen, E-Mails versenden und seinen VPN-Client einsetzen kann? Oder reicht es aus, wenn lediglich das Surfen im Internet ermöglicht wird?

Die Darstellung der sich in diesem Zusammenhang ergebenden Rechtsfragen erfolgt beispielhaft anhand von WLAN-Hotspots. Gerade Anbieter von entgeltfreien WLAN-Angeboten haben ein möglicherweise berechtigtes Interesse daran, sowohl das Haftungsrisiko als auch das Datenvolumen zu beschränken bzw. überschaubar zu halten. In der Praxis gehen die Anbieter daher dazu über, dass die für File-Sharing, Voice-over-IP und/oder zum Versand von E-Mails genutzten Ports gesperrt werden. Denkbar ist aber auch, dass das Angebot auf das bloße Surfen im Internet beschränkt wird.

Kern des Vortrags ist die Frage, wie ein Internetzugang zivilrechtlich zu behandeln ist, wenn nicht alle Dienste zur Verfügung stehen. Es wird dargestellt, welche Leistungen ein Internetzugang umfassen muss, ob die Leistungen der AGB-Kontrolle unterliegen und welche Anforderungen an die Transparenz einzuhalten sind. Dabei wird zunächst kurz auf die angedachten Regelungen zur Netzneutralität eingegangen. Insbesondere wird die in Art. 23 Abs. 1 Single Market Verordnung-E vorgesehene Regelung vorgestellt.[1] Zusätzlich wird aufgezeigt, welche vertraglichen Informationspflichten der Betreiber eines WLAN-Hotspots nach § 43a TKG erfüllen muss.

[1] COM (2013) 627 final.