AG Hamburg, Urt. v. 24.6.2014 – 25b C 924/13: Keine Haftung für WLAN bei Vermietung von Ferienwohnungen

Wie berichtet, hatte das AG Hamburg kürzlich zur Haftung bei Betrieb eines WLANs in einem Hotel Stellung genommen (AG Hamburg, Urt. v. 10.6.2014 – 25b C 431/13).

In einem weiteren Urteil hat das AG Hamburg nun die selbe Argumentation auf das durch den Vermieter von Ferienwohnungen betriebene WLAN angewandt (AG Hamburg, Urt. v. 24.6.2014 – 25b C 924/13 – Volltext, PDF) und eine Haftung als Täter oder Teilnehmer unter Verweis auf § 8 TMG abgelehnt. Auch als Störer wegen angeblich unterlassener zumutbarer Prüfungs- und Überwachungspflichten haftet der Betreiber nicht.

Eine Analyse des Urteils finden Sie im Blog Offene Netze und Recht.

Die Verbreitung und wirtschaftliche Bedeutung von kostenlosen WLANs (u.a. für Hotels)

Der Betrieb eines WLANs kann zur Kundengewinnung und -bindung vorteilhaft, wenn nicht sogar zwingend sein. Nach einer Studie der HRS (PDF, Mitteilung dazu hier) ist kostenloses (bzw. im Preis enthaltenes) WLAN mit Abstand die am meisten von Gästen gewünschte Zusatzleistung: Über 74% der Geschäftsreisenden erwarten WLAN im Hotel und immerhin 62% der übrigen Gäste. Betrachtet man lediglich jüngere Gäste, sind die Zahlen sogar noch höher: Fast 80% der unter 30-jährigen wünschen sich kostenloses WLAN im Hotel.

Auf der anderen Seite ist nach einer Studie von KAYAK.de in Deutschland das Angebot von kostenlosem WLAN in Hotels im Vergleich deutlich weniger verbreitet als in anderen Ländern (s. dazu hier und hier). Dennoch: Immerhin 73% der der Hotelbetreiber in Deutschland bieten kostenloses WLAN an (zum Vergleich: weltweit sind es im Schnitt 90%).

Auch wenn die HRS-Studie nach gewünschten Zusatzleistungen fragt, lässt sich ein Umkehrschluss wohl auch ziehen: Nach dem Motto „Hotels ohne WLAN buch‘ ich nicht“ dürfte das Angebot eines WLAN-Anschlusses zumindest bei Geschäftskunden, aber auch sonst, ein mittlerweile ein Ausschlusskriterium bei den Gästen sein. Wer also kein WLAN anbietet, verliert Gäste.

Darauf hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DeHoGa (zusammen mit IHA) im Rahmen seiner Stellungnahme zur Anhörung zum Thema „Störerhaftung“ im Landtag NRW am 3.7.2013 bereits hingewiesen. Darin heißt es:

Ob drahtlos oder drahtgebunden, in der Lobby oder auf den Gästezimmern, gratis oder kostenpflichtig – ein Internetzugang im Hotel und Restaurant ist für den Gast inzwischen zum Standard geworden. Insbesondere von Geschäftsreisenden wird er erwartet und ist für den Kunden ein Auswahlkriterium. Dabei haben Gästebefragungen und aktuelle Studien (unter anderem von HRS) ergeben, dass ein kostenfreier W-LAN- Zugang für etwa 60% der Gäste wichtig ist. … Im internationalen Vergleich und insbesondere in den Nachbarländern ist es für den Gast selbstverständlich, dass ihm zumeist kostenfreies W-LAN zur Verfügung gestellt wird.

Sicherlich nicht ganz so kritisch, aber durchaus noch bemerkbar dürfte dies auch für Gaststätten und Cafés sein. Gerade in Großstädten mit internationalem Tourismus sind die Zeichen „Wi-Fi“ oder „WLAN“ vermehrt zu sehen. Und für Gäste ein Grund, nicht nebenan den Kaffee zu trinken …

Der Umstand, dass das Angebot eines WLANs zu einem echten Unterscheidungsmerkmal geworden ist, hat auch eine gewisse rechtliche Relevanz. Denn bei der Bewertung von eventuellen Prüfungs- und Überwachungspflichten im Rahmen der Störerhaftung sind die gegenseitigen Interessen zu berücksichtigen (eingehend dazu im Buch, Rn. 223 ff. m.w.N.). Je wirtschaftlich bedeutsamer ein WLAN für den Anbieter ist, desto weniger sind ihm erhebliche Eingriffe in das WLAN zuzumuten, denn Einschränkungen können sich durch Verlust von Kundschaft unmittelbar wirtschaftlich auswirken.

Die rechtliche Situation bei WLANs in Hotels ist bisher einmal in der Rechtsprechung angesprochen worden: Das Landgericht Frankfurt hat im Jahr 2010 die Haftungssituation bei einem Hotel-WLAN bewertet und eine Störerhaftung des Hotelinhabers abgelehnt (dazu näher unter Bezug auf konkrete Maßnahmen Buch, Rn. 235 ff. m.w.N.; sowie Mantz, MMR 2011, 401). Ähnlich hat sich das LG Frankfurt 2013 zur Rechtslage bei einem Vermieter von Ferienwohnungen positioniert (LG Frankfurt a.  M., Urt. v. 28. 6. 2013 – 2-06 O 304/12, GRUR-RR 2013, 507 – Ferienwohnung).

Update 17.8.2015: Link auf HRS-Studie aktualisiert.

eco-Positionspapier zur Haftung von Betreibern öffentlicher WLANs veröffentlicht

Am 16.05.2014 hat der eco-Verband ein Positionspapier „Gesetzliche Bestrebungen im Hinblick auf die Haftung von Betreibern öffentlicher, lokaler Funknetze als Zugang zum Internet (WLAN)“ veröffentlicht und nimmt damit Stellung zu der weiterhin virulenten Frage, wie mit der Haftungsunsicherheit im Bereich von öffentlichen WLANs weiter politisch/rechtspolitisch vorgegangen werden soll.

Zunächst stellt das Positionspapier einleitend fest, dass die Bundesregierung im Koalitionsvertrag die Prüfung und ggf. Regelung der Problematik in Aussicht gestellt hat. Dies begrüßt der eco ausdrücklich.

Zur tatsächlichen Rolle der Betreiber hält der eco fest:

Die angekündigte Gesetzesinitiative zeigt, dass typische Kommunikationsdienste heute auch von Anbietern bereitgestellt werden können, die keine klassischen Netzbetreiber sind.

Der eco sieht in WLANs weiterhin ein enormes wirtschaftliches und gesellschaftliches Potential und spricht hierbei neben kommerziellen auch kostenlose und werbefinanzierte Angebote an. Auch innovative Geschäftsmodelle, bspw. location-based Services könnten über WLANs realisiert werden. Außerdem könnten hybride Modelle – also die Kombination von klassischen Mobilfunktechniken wie UMTS/LTE und WLANs – Vorteile bringen. Gesellschaftlich könnten WLANs zur Überbrückung des Digital Divide dienen.

Anschließend stellt der eco in drei Aspekten eine „gewisse Rechtsunsicherheit“ fest, nämlich im Hinblick auf den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Haftungsprivilegierung des § 8 TMG sowie die daraus resultierenden Handlungspflichten.

Beim persönlichen Anwendungsbereich sieht der eco wenig Handlungsbedarf. § 8 TMG umfasse bereits jetzt die Bereitstellung von Internetzugängen mittels WLAN-Funktechnologie. Hiervon seien auch nicht-kommerzielle WLAN-Hotspots z.B. in Hotels, Gaststätten, Büchereien oder öffentlichen Einrichtungen erfasst. Auch hier handele es sich nämlich um Access Providing. Dennoch könne der Gesetzgeber hier eine Klarstellung vornehmen, wenn er den Bedarf sehe.

Beim sachlichen Anwendungsbereich – namentlich der Erstreckung auf Unterlassungsansprüche und damit auf die Störerhaftung – sieht der eco hingegen möglicherweise Bedarf an einer Klarstellung. Denn insbesondere bei kleinen Gewerbetreibenden reiche häufig die Sorge vor den Kosten einer rechtlichen Auseinandersetzung. Im Übrigen begrüßt der eco die Neuregelungen im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Bekämpfung unseriöser Geschäftspraktiken.

Was die Handlungspflichten angeht, verweist der eco auf die Rechtsprechung. Zwar sei bisher durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt, welche Handlungspflichten zumutbar seien. Es sei aber zu rechnen, dass praxis- und interessengerechte Lösungsansätze gefunden werden. Hierzu nimmt der eco auf das BGH-Urteil „Sommer unseres Lebens“ (BGH, Urt. v. 12.5.2010 – I ZR 121/08, MMR 2010, 565), die Hotel-Entscheidung des LG Frankfurt (LG Frankfurt, Urt. v. 18.8.2010 – 2-6 S 19/09, MMR 2011, 407) und die „Scarlet Extended“-Entscheidung des EuGH (Urt. v. 24.11.2011, Az. C-70/10, dazu hier) Bezug. Insbesondere müssten WLAN-Anbieter ihre WLANs durch technische Maßnahmen sichern, z.B. durch Verschlüsselung oder Separierung von Netzen. Allgemeine Überwachungspflichten bestünden ohnehin nicht, Fernmeldegeheimnis und Datenschutz müssten gewahrt werden.

Im Ergebnis ist der eco mit der aktuellen Lage relativ zufrieden und stellt es dem Gesetzgeber anheim, bei Bedarf gesetzliche Regelungen zu treffen.

Die vom eco angesprochenen Problemebereiche werden eingehend behandelt im Buch in Rn. 209 ff. und 223 ff.